Soap Opera sollte eine obskure Aufführung einer gefeierten Dadaness werden. Sie sollte ein zynischer Kommentar zu all dem Händewaschen und den übertriebenen hygienischen Maßnahmen sein, die zur Verurteilung des Covid19-Virus ergriffen wurden. Während der Vorbereitungen für diesen Livestream fühlte es sich von Minute zu Minute merkwürdiger an, diese Idee zu realisieren. Dass Seife wie Gold gehandelt wird, ist nicht komisch. In dieser privilegierten Lage zu sein, sich über das Händewaschen lustig zu machen, während es Menschen, Menschen wie wir, gibt, die in höllenähnlichen Zuständen in Moria - Lesbos festsitzen. Kein Wasser, keine medizinische Versorgung, keine Bildung, keine Heizung, keine physische Entfernung. Wir als europäische Bürger zeigen nicht die notwendige Solidarität mit den Menschen, die in dieser Hölle warten. Bringt sie raus! Bringt sie hierher! Statt der Seifenoper sehen Sie nur Ihre müßigen Hände, die sich 60 Minuten lang ohne Wasser waschen.
#LeaveNoNoOneBehind
Die Performance wurde von YouTube nach 12 Minuten unterbrochen mit der Verwarnung "Unangemessener Inhalt" - im Nachhinein aber wieder hergestellt.
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Mit der Performance "Soap Opera" proklamiert Christian Zöllner von The Constitute das Genre der Sanitation Art. Innerhalb einer Stunde schnitzt er 3000 Mikroseifen, währenddessen er Opernarien im Vollplayback singt. Diese Arbeit wird seit langer Zeit von Kritik und Publikum erwartet, da bereits seine letzte Performances "Zerwässern" aus dem Jahr 2002 - im Rahmen der Jahrhundertflut in Dresden - und "Entdecken" während des Sturmtiefs Sabrina als ein Meilensteine der Offline-Katastrophenkunst gelten. Mit der Arbeit "Soap Opera" arbeitet Christian Zöllner nun erstmals für ein Online-Publikum.
Christian Zöllner studierte von 2002 bis 2007 Produktgestaltung an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden. 2008 gründete er das Medienkunstkollektiv VR/urban, 2012 folgte die Gründung des Designstudios The Constitute in Berlin und Dresden. Im vergangenen Jahr initiierte er zudem mit Constitute e.V. einen Verein zur Realisierung soziokultureller Projekte. Von 2008 bis 2014 wirkte Zöllner als Künstlerischer Mitarbeiter an der Universität der Künste Berlin. Bereits in den Jahren 2014 und 2017 war er an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle als Gastprofessor im Industriedesign tätig, zuletzt untersuchte er hierbei mit Studierenden in dem Projekt „Design for Revolution“ gestalterische Handlungsräume in aktuellen Krisensituationen.
Seit dem Sommersemester 2018 hat Christian Zöllner die Professur für Industrial Design/Designmethoden und Experiment im Studiengang Industriedesign inne. Für das neu eingerichtete Lehrgebiet „Designmethoden und Experiment“ kombiniert er zwei in Designprozessen essentielle Kernkompetenzen: das strukturierte und themenadäquate Arbeiten sowie wildes, gleichzeitig jedoch analytisches Probieren. Die Vermittlung dieser praktischen Wissensstrategien ist für ihn dabei zentral für die inhaltliche und damit strukturelle Ausrichtung.
Neben der Veröffentlichung zahlreicher Fachtexte hält Christian Zöllner international Vorträge und Workshops zu Design, Designforschung, über narratives Entwerfen und Rapid Prototyping, zudem ist er mit dem Designstudio The Constitute international in Ausstellungen vertreten.